Urs Allemann erhält den Erich Fried Preis 2024

Urs Allemann | Erich Fried Preisträger 2024
Urs Allemann | Foto: © Bolle Bovier

Urs Allemann nimmt in der deutschsprachigen Literatur eine wirkliche Ausnahmestellung ein.“ (Juror Ulf Stolterfoht)

Der Schweizer Dichter Urs Allemann wird mit dem Erich Fried Preis 2024 ausgezeichnet. Das hat der deutsche Autor Ulf Stolterfoht, alleiniger Juror 2024, entschieden.

Stolterfoht wird auch bei der Preisverleihung am Samstag, den 30. November 2024 um 19.30 Uhr im Literaturhaus Wien, die Laudatio auf Allemann halten.

Der Preisträger kann aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Feierstunde teilnehmen. Anstelle einer Preisrede wird die Schauspielerin Johanna Orsini-Rosenberg ausgewählte Texte des Preisträgers vortragen.

Seit seinem Debüt mit dem Gedichtband Fuzzhase (1988) verbindet Urs Allemann in seinen Texten einen experimentell-anarchistischen Ansatz, wie man ihn ähnlich nur bei Autoren wie Dieter Roth oder Ernst Jandl findet, mit einem ausgeprägten Interesse an strengen, traditionellen Vers-, Strophen- und Gedichtformen wie der Ode, der Hymne, der Elegie oder dem Sonett – hier sei besonders auf den Band Holder die Polder. Oden, Elegien, Andere (2001) verwiesen, der von vielen, gerade jüngeren Dichtern und Dichterinnen als bahnbrechend empfunden wurde und bis heute eine große Inspiration darstellt. Hört man nun aber den Lyriker Urs Allemann, der auch ein großartiger Vorleser und Performer ist, seine eigenen Texte vor Publikum laut lesen, kommen Anarchie, Experiment und Formbewusstsein auf eine Weise zusammen, die so weit entfernt ist von der klassischen Wasserglaslesung, dass man auf einmal wieder glauben mag an die Wirkmacht der Dichtung, auch und gerade auf ein Publikum, dem der Umgang mit zeitgenössischer Poesie nicht an der Wiege gesungen wurde“, begründet Ulf Stolterfoht seine Preis-Entscheidung.


Urs Allemann (* 1948 in Schlieren bei Zürich), studierte Germanistik und Anglistik in Marburg und Soziologie und Sozialpsychologie in Hannover. Er war von 1986–2004 Literaturredakteur der Basler Zeitung und lebt seit 2013 im deutschen Goslar. Veröffentlichungen: Fuzzhase. Gedichte (Ammann, 1988), Öz & Kco. Sieben fernmündliche Delirien (Ammann, 1990), Babyficker. Erzählung (Deuticke, 1992), Der alte Mann und die Bank. Ein Fünfmonatsgequassel (Deuticke, 1993), Holder die Polder. Oden, Elegien, Andere (Urs Engeler, 2001), schœn! schœn! Gedichte (Urs Engeler, 2003), im kinde schwirren die ahnen. 52 gedichte (Urs Engeler, 2008), In Sepps Welt. Gedichte und ähnliche Dinge (Klever, 2013) und zuletzt Carruthers-Variationen (Klever, 2022). Für seine literarischen Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet – u. a. mit dem Heimrad-Bäcker-Preis (2012) und dem Schweizer Literaturpreis (2014).

Ulf Stolterfoht wurde 1963 in Stuttgart geboren und lebt seit 1994 als Schriftsteller und Übersetzer in Berlin. Er veröffentlicht Lyrik und Prosa, ist als Lehrender an den Instituten in Leipzig, Wien, Biel und Kopenhagen tätig, war Poetikdozent an den Universitäten Hildesheim (2009), Utrecht (2013) und Heidelberg (2019). Zuletzt erschienen: fachsprachen XXXVII–XLV (Kookbooks Verlag, Berlin 2018) und Methodenmann vs. Grubenzwang und mündelsichere Rübsal. (Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2019). Er wurde u. a. ausgezeichnet mit dem Preis der Literaturhäuser 2016 und dem Lyrikpreis der Südpfalz 2022.


Der Erich Fried Preis, eine der renommiertesten literarischen Auszeichnungen Österreichs, wird seit 1990 durch die Internationale Erich Fried Gesellschaft vergeben und von jährlich wechselnden Einzeljuror:innen
entschieden. Der Preis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport gestiftet und ist mit 15.000 Euro dotiert.
Zu den Preisträger:innen der letzten Jahre zählen Thomas Stangl, Nico Bleutge, Rainer Merkel, Judith Hermann, Dorothee Elmiger, Leif Randt, Teresa Präauer, Steffen Mensching, Esther Kinsky, Frank Witzel, Melinda Nadj Abonji und zuletzt Thomas Kunst.


Im Rahmen der Preisverleihung am 30.11.2024 werden auch die Autoren Robert Schindel und Gustav Ernst geehrt, die beide in diesem Jahr ihren 80. Geburtstag feiern. Die Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl spricht mit den beiden über ihre Arbeit; außerdem wird der Film Schreiben gegen die Angst – Robert Schindel im Porträt (ORF 2024) gezeigt. Gustav Ernst und Robert Schindel gehören seit vielen Jahren dem Präsidium der Internationalen Erich Fried Gesellschaft an. Robert Schindel, 1993 von Walter Jens als Fried Preisträger ausgewählt, war zudem von 2017 bis 2022 Präsident der Internationalen Erich Fried Gesellschaft.