Das Internationale Literaturfestival Erich Fried Tage

Der Namenspatron Erich Fried

Der Autor Erich Fried (* 6. Mai 1921 in Wien; † 22. November 1988 in Baden-Baden) – Namensgeber des Preises und des Literaturfestivals –, war ein Universalist: Lyrik-Bestsellerautor, Übersetzer aus dem Englischen (Shakespeare, Dylan Thomas), Verfasser von Prosa, Essayist und kritischer Journalist (1952 bis 1968 politischer Kommentator beim German Soviet Zone Programme der BBC), auch ein unermüdlicher Briefeschreiber. Als junger Mann, fast noch ein Kind, traumatisiert von den Gräueln des Naziterrorregimes und vom Tod des von der Gestapo ermordeten Vaters, wurde er von den Jahren im Exil geprägt. In den Nachkriegsjahren zählte Fried zu einem leidenschaftlichen Verfechter für politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel, der in den Studentenprotesten von 1968 Ausdruck fand und in Deutschland den schönen Schein vom Wirtschaftswunderland nachhaltig zerkratzte.

Die Internationale Erich Fried Gesellschaft

Auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Tod, am 22. November 1989, begründet sich die Internationale Erich Fried Gesellschaft in Wien. Ihr gehörten und gehören namhafte Autor/inn/en und Wissenschafter/innen des deutschsprachigen Kulturraums an: u. a. Hans Mayer, der erste Präsident der Gesellschaft, Ilse Aichinger, Gustav Ernst, Julia Franck, Elfriede Gerstl, Sabine Gruber, Ernst Jandl, Josef Haslinger, Elfriede Jelinek, Walter Jens, Thomas Kling, Friederike Mayröcker, Robert Menasse, Heiner Müller, Adolf Muschg, Doron Rabinovici, Robert Schindel, George Tabori.

Von den Anfängen

Im Jahr 1990 wird Christoph Hein mit dem ersten Erich Fried Preis ausgezeichnet, einem der höchst dotierten Literaturpreise des Landes. Verantwortet wird die Entscheidung bis heute von einem einzelnen stilbildenden Autor, einer Autorin des deutschen Sprachraums – vergleichbar etwa mit der Vergabe des Kleist-Preises. Im selben Jahr findet die erste internationale Tagung der Erich Fried Gesellschaft statt.

Im November 1992 zeigt das erst ein Jahr alte Literaturhaus Wien die Ausstellung „Erich Fried und Österreich“ in Zusammenarbeit mit der Erich Fried Gesellschaft; 1996 übernimmt das Literaturhaus Wien in ihrem Auftrag die Organisation der Erich Fried Preise. Die Kooperation mit der Erich Fried Gesellschaft nimmt 1999 ihre definitive Gestalt an, als das Literaturhaus Wien von da an auch die Internationalen Erich Fried Tage veranstaltet, die anfangs als wissenschaftliche Tagungen konzipiert sind und alle zwei Jahre stattfinden.

Das Internationale Literaturfestival Erich Fried Tage

Ab 2009 verändert sich die Ausrichtung der biennal veranstalteten Erich Fried Tage. Sie verwandeln sich in ein internationales Autor/inn/enfestival, das – anders als üblicherweise Literaturfestivals – den thematischen Anlass und den diskursiven Ansatz beibehält.
Inspiriert von Erich Fried, diesem weltoffenen, politisch alerten Dichter, spricht das Festival zentrale Themen unserer Gegenwart an und befördert den grenzüberschreitenden Austausch von Ideen:

  • 2009 trifft gesprochenes Wort auf das klassische Gedicht. Der U.S. amerikanische Musiker, Sänger und Poet Saul Williams eröffnet das Festival mit einer eindrucksvollen Performance.
  • 2011 heißt das Thema Short Cuts. Kurze Prosa: In diesem Jahr wird im Literaturhaus u. a. Holländisch, Norwegisch, Englisch oder Isländisch gesprochen, denn die Festivalgäste – u. a. Cees Nooteboom, Bjarte Breiteig, David Hughes, Sjón – treten bei den Erich Fried Tagen in ihrer Muttersprache auf; die deutschen Übertragungen werden parallel auf Leinwand projiziert, Gespräche und Diskussionen simultan übersetzt.

    Die österreichische Tageszeitung Der Standard ließ sich vom Festivalthema inspirieren und und startete eine eigene Kurzgeschichten-Reihe mit u. a. Clemens J. Setz, Kathrin Röggla, Clemens Meyer und Olga Grjasnowa.

  • 2013 befassen sich David Mitchell aus Großbritannien, Jonathan Lethem und Scott McCloud aus den USA, der HipHop Künstler Deeb aus Ägypten u. v. a. mit dem Thema Welt – wohin? Literarische Utopien / Dystopien.

  • Das Festival befasst sich 2015 unter dem Titel Facts and Fiction mit Literatur am Übergang zur Reportage vor dem Hintergrund politischer Brandherde und gesellschaftlicher Umwälzungen – unter den internationalen Gästen sind u. a. Nobelpreisträger V. S. Naipaul oder die U.S. amerikanischen Autoren William T. Vollmann und Phil Klay und dem chinesischen Dissidenten Liao Yiwu.

  • 2016 findet eine – mit Deborah Feldman, Arnon Grünberg und Robert Menasse prominent besetzte – Sonderausgabe der Internationalen Erich Fried Tage in Kooperation mit der Österreichischen Exilbibliothek zum Thema „Jüdische Gegenwarten in Europa“ statt. Der Abschlussauftritt des Bestsellerautors Jeffrey Eugenides weist bereits auf das Generalthema 2017 hin:
  • Ach! Reden über die Liebe – 2017 hält die britische Autorin Jeanette Winterson eine fulminante Keynote Lecture . Es folgen zahlreiche Österreich-Premieren: u. a. Auftritte von Mark Z. Danielewski (USA), Hanif Kureishi (GB) und Hanne Ørstavik (NOR), ein Konzert des US-amerikanischen Shootingstars Sophia Kennedy, sowie Präsentationen von innovativen Graphic Novel Künstler/inne/n wie Ulli Lust (A), Craig Thompson (USA) und Bastien Vivès (F).